Voll in die Presse

VIDP#92 – Bahn(hofs)-Bashing, Flex-Verkehr und Lokführer-Streik (Bahn-Edition mit Lokführer Nick & Rotkäppchen Leon)

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In der zweiundneunzigsten Episode unseres abfahrbereiten Medien-Podcasts „Voll in die Presse“ sprechen wir über das Verkehrsmittel, mit dem viele Menschen wohl eine Art Hassliebe verbindet: Die Bahn. Dazu haben wir uns zwei echte Eisenbahner in die Runde geholt. Nick fährt als Lokführer ganz vorne mit und ist teils auch als Zugbegleiter unterwegs. Leon hält im Kundenservice die Fahne hoch. In derart kompetent besetzter Runde kommt es zu ordentlichen Verzögerungen im Betriebsablauf und diese Episode wird so lang, dass sie eigentlich in Hamm geteilt werden müsste. Doch es gibt noch Bier im Bordbistro, so dass die Zeit wie im Flug vergeht.

„[Im Triebwagen] reicht es teilweise schon, wenn die Leute sehen: Da vorne ist ein Fenster und da kann ich jemanden durchs Fenster anschreien.“ (Nick über seine Erfahrungen als Lokführer)

Die vollständigen Shownotes mit allen Bildern und Artikel-Links findet ihr unter: www.benanza.de/2024/podcast/vidp92-bahnhofs-bashing-flex-verkehr-und-lokfuehrer-streik-bahn-edition-mit-lokfuehrer-nick-amp-rotkaeppchen-leon

Flexy-Bahn und Flex-Friday

Was macht man mit verlassenen Nebenstrecken, auf denen sich Regionalbahnen nicht mehr lohnen? „Flexy“ soll für die französische SNCF die Antwort liefern. Der Mini-Triebwagen kann auf Bahnstrecken fahren und mittels Autoreifen an Bahnübergängen auf die Straße abbiegen, um in Wohngebiete reinzufahren. Ab 2024 wird getestet, wie das Vehikel sich dabei schlägt. Die Idee ist gar nicht neu, sie gab es vor etlichen Jahrzehnten schon mal. Damals hat sie sich aber nicht durchgesetzt. Es wird sich zeigen, ob das Konzept mittels moderner Technik eine neue Chance bekommt.

„Selbst durch eine 37- oder 35-Stunden-Woche (…) ist es ja trotzdem unbequemer Schichtdienst, und ich würde sagen, weniger Leute sind heute als noch vor 20 Jahren dazu bereit, um 1 Uhr morgens aufzustehen…“ (DB-Service-Experte Leon ist skeptisch, ob Arbeitszeitverkürzung das Allheilmittel ist)

Flexen kann man ansonsten auch bei einer Berliner Agentur, zumindest freitags. Die 32 Mitarbeitenden dürfen dort entscheiden, ob und wie viel sie an Freitagen arbeiten wollen. Auf das Gehalt hat diese Entscheidung keinen Einfluss. So viel wie nötig, so wenig wie möglich, lautet die Devise des mehrmonatigen Versuchs. Er soll helfen, Arbeit und persönliche Projekte und Verpflichtungen besser unter einen Hut zu bekommen. Was also freitags nicht dringend gemacht werden muss, bleibt bis Montag liegen.

Gewerkschafts-Deal und Tierbeförderung

Durch die Hintergründe des aktuellen Bahnstreiks, so möchten wir behaupten, blickt ohnehin fast niemand durch. Die GdL macht es nicht besser mit ihrer Idee, als Gewerkschaft eine Genossenschaft zu gründen. Diese soll dann Personal an die Deutsche Bahn verleihen. Die Gewerkschaftsmitglieder sollen dazu bei der Bahn kündigen und in die Genossenschaft eintreten. Tarifverträge schließt die GdL dann mit ihren eigenen Genossen. Aber es ist kompliziert: Arbeitgeber dürfen sinnvollerweise nicht zugleich Gewerkschaftsmitglieder sein. Darf die GdL überhaupt einen Arbeitgeber gründen? Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet „Dauerleihen“ an denselben Arbeitgeber. Fragen über Fragen, aber die Umsetzung ist eine der GdL-Forderungen im aktuellen Streik. Das wird die Einigung sicher nicht einfacher machen.

Tierische Verwirrung herrscht bisweilen auch bei Schweizer Bahnreisenden. Denn dort fährt im Personenverkehr so manches Getier mit. Über eine Kuh, die per Bahn zur Tiermesse reiste, haben wir bereits in Episode 72 berichtet. Weitere Beispiele: Eine junge Frau reiste im Thurgau mit ihrem Mini-Shetland-Pony. Und das wohl ganz regelkonform. Pony „Peppe“ sei ein „kleines, zahmes Tier“ gemäß Beförderungsregeln und hatte selbstverständlich eine Fahrkarte. In Solothurn reiste gelegentlich ein Solo-Tier im Postauto mit. Eine getigerte Katze stieg mehrmals zu, nahm Platz und fuhr einige Stationen mit. Zugegeben: Solche Tiertransporte sind auch in der Schweiz die Ausnahme. Dafür berichten Bahnvertreter von anderen kuriosen Transporten. Zur Fastnachtszeit werden gerne Leiterwagen mit Musikanlagen mitgenommen, im Sommer reisen häufiger aufgeblasene Schlauchboote und Schwimm-Utensilien mit.

Horror-Bahnhof und Schwarzfahr-Drama

Was sind eigentlich die schlimmsten deutschen Bahnhöfe? BuzzFeed hat eine Umfrage gemacht und qualitatives Feedback eingesammelt. Hagen? Platz 10 für die „in Beton gegossene Depression“. München? „Widerwärtig“ und auf Platz 7. Duisburg wird als Neuntplatzierter „mit Gaffer-Tape zusammengehalten“ und Vizeverlierer Hamburg ist „extrem voll und eng“. Als fiesester Bahnhof ging Stuttgart aus der Umfrage hervor. Der Bahnhof sei „einfach grauenvoll und echt unterirdisch schlimm.“

Zwischen schäbigen Bahnhöfen finden sich auch traurige Einzelschicksale. Ein 57-Jähriger aus Neuss landete vor Gericht, weil er innerhalb eines einzigen Monats 21-mal beim Schwarzfahren in Nachtzügen erwischt worden war. Der Grund dafür: Er hatte erst seinen Job in Frankreich und dann seine Wohnung verloren. Französisches Arbeitslosengeld kam nur unregelmäßig. Wochenlang übernachtete er deshalb in Zügen, um nicht auf der Straße schlafen zu müssen. Da er sich reuig zeigte und gestand, kam er mit einer Geldstrafe davon.

„Die Bahn ist halt der Moloch, auf den man gut fluchen kann. Wenn ein Lkw in ein Stauende fährt, dann ist ja nicht die Autobahn schuld. Du stehst aber trotzdem im Stau.“ (Prollo zur Wahrnehmung von Verkehrsstörungen)

Wir haben diese Episode in vollen Zügen genossen und konnten dank unserer Gäste nachvollziehen, warum das Schimpfen auf die Bahn nicht immer berechtigt ist. Auch von ihrem Eigentümer, dem Bund, wird es der Bahn selten leicht gemacht. Unser Aufruf an Bahnreisende und alle allzu autoverliebten Verkehrsminister: “Zurücktreten bitte!”

Über diesen Podcast

Voll in die Presse“ „Voll in die Presse“ ist der Medienspiegel-Podcast über herrlich schräge Meldungen, Berichte und Social-Media-Posts. Ob nun kurios, peinlich oder einfach nur verrückt, wir sprechen darüber. Dabei geht es nicht nur um die Meldung als solche sondern auch um die Geschichte dahinter. Und manchmal sogar um das große Ganze. Vieles ist auf den ersten Blick lustig, manches stimmt auf den zweiten Blick vielleicht nachdenklich. Auf jeden Fall bietet die Medienwelt unzählige Gelegenheiten für eine angeregte Unterhaltung.

Damit es dabei nicht zu trocken zugeht, gibt es parallel zum Gequatsche eine exquisite „Bottle-Party“. Das heißt konkret, jeder Mitstreiter bringt ein Getränk seiner Wahl mit zur Sendung und wir verkosten dieses während wir unsere Presse-Fundstücke diskutieren. So bekommt der Name „Voll in die Presse“ eine ganz neue Bedeutung. Aufgenommen wird das Ganze im Benanza-Bus, unserem fahrenden Ton-Studio. Das literarische Quartett von VIDP besteht aus den Herren Sammer, Beef Rogers, Prollo Ferrari und dem Gastgeber Ben Cartwright.

Eine Produktion von Benanza.Podcast. Mehr Infos unter https://www.benanza.de/category/podcast/voll-in-die-presse/

Kontakt & Mehr

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